ABSCHIED – das Ende einer Ära
Der international erfolgreiche Männerkammerchor Cantabile Limburg unter der langjährigen Leitung von Jürgen Faßbender gab am 2. März 2024 um 19 Uhr im Hohen Dom zu Limburg sein Abschiedskonzert, das allen Gästen in besonderer Erinnerung bleiben wird.
Bereits um 17.15 Uhr, als Jürgen Faßbender seinem Männerchor Cantabile noch den letzten Schliff im Altarraum verpasste, war das Mittelschiff gut gefüllt. Aus Nah und Fern waren Liebhaber der Chormusik, Fans, Angehörige und Ehrengäste gekommen, um gemeinsam mit dem Männerchor Cantabile eine großartige über 40-Jährige Ära zu beenden, die seinesgleichen sucht. Gäste waren zum Teil sehr lange Strecken angereist, um Chor und Chorleiter große Wertschätzung entgegen zu bringen und einen großartigen Hörgenuss zu erleben.
Nach der Begrüßung durch den 1. Vorsitzenden des Chores, Jürgen Wagner, startete das Konzert mit leisen, sanften und berührenden Tönen des Kyrie aus „Tre Styken für Manskör“ des schwedischen Komponisten Sven-David Sandström. Cluster, also in enger Lage komponiert, schafften eine sphärische Atmosphäre. Als zweites Stück folgte Rudolf Mauersberger, „Herr, lehre mich doch“. Was hier Teil einer Aufzählung bleibt, ist für die allergrößte Zahl an Chören aufgrund der Schwierigkeit nicht singbar. Pablo Casals Gänsehautstück „O Vos Omnes“ endete anschließend mit warmem Klang im Pianissimo. Mit „And Death shall have no Dominion“ folgte mit einem Stück von Vytautas Miskinis ein Beitrag, der dynamisch stärker war, als die Stücke zuvor.
Der erste komplett sakrale Block des Programms endete mit Mendelssohns „Beati Mortui“ und Darius Milhauds „Psaume 121“. Letzteres begann mit tiefen Bassstimmen, baute immer wieder dynamische Stimmgewalt auf, hatte zwischendrin sanfte sphärische Pianostellen und endete dann fulminant in einem Dur Fortissimo endete.
Schon jetzt wurde wieder einmal deutlich, warum Jürgen Faßbender den Namen „Literaturpabst“ trägt. Seine Literaturauswahl war wie stets meisterlich auf das Thema des Abends abgestimmt. Abschied und Traum spielten eine große Rolle im Programm und nicht wenige Titel unterstützten das Thema.
Das Orgelstück „Prelude modale“ von Jean Langlais, gespielt von Domorganist Carsten Igelbrink, unterbrach unaufdringlich und meditativ die Vorträge des Chores.
Danach folgten 2 romantische und zeitgenössische Stücke. Erik Esenvalds „Stars“, bei dem Cantabile den Gesang mit wassergestimmten Weingläsern klanglich ergänzte, begeisterte ebenso wie Richard Strauss“ „Traumlicht“. Hier konnte man sich wortwörtlich in einen schönen Traum hineindenken. Max Regers „Abschied“ (Op. 83, No.), Titel gebend für den Konzertabend und zugleich eines der schwierigsten Stücke der Chorliteratur, erzeugte durch permanente unerwartete Harmoniewechsel eine unglaubliche Spannung.
Alwin Schronens „O gäb’s doch Sterne, die nicht bleichen“ hinterlässt großen Eindruck
Einer meiner beiden persönlichen musikalischen Höhepunkte des Konzerts folgte nun mit Alwin Michael Schronens „O gäb’s doch Sterne, die nicht bleichen II“ – ein zeitloses Werk, fesselnd und faszinierend. Schronen, persönlich zugegen, nahm das großartig vertonte Stück auf, bei dem sich Obertöne klanglich und räumlich über die Chorstimmen legten – wahrlich meisterlich komponiert!!
Auf Carsten Igelbrink ist Verlass und so unterbracht er erneut die Folge der Chorstücke mit einem Auszug aus Edvard Elgars „Vesper Volunaries, op. 14, gewaltig und ergreifend beginnend, dann mit einem leichteren Teil, und genauso gewaltig endend!
Altvorsitzender Peter Pfeiffer nimmt Abschied
Kaj-Erik Gustafssons Chorstück „Salve Regina“ begann über eine lange Strecke unisono. Mir wurde gerade bewusst, dass Konzertgäste nun das letzte Mal den so typischen Cantabilesound live hörten, als Peter Pfeiffer, Gründungsmitglied und vor Jürgen Wagner geschätzte 35 Jahre Vorsitzender von Cantabile, ans Mikrophon trat. „Wir wollten eigentlich zusammen alt werden“ begann er seine Rede, „doch jetzt sind wir „leider“ noch nicht ganz so alt wie gedacht“. Er zitierte sichtlich bewegt und mit teils brüchiger Stimme die ursprünglich aus dem Buch der »Prediger Salomo“ stammende Weisheit „Alles hat seine Zeit“, bevor er sich seinem Chor mit der Ansprache zuwendete: „Liebe Herren, lieber Jürgen, es war mir eine Ehre mit euch zu musizieren!” Es folgte Schuberts, und auch Cantabiles Klassiker “Im Abendrot”.
Hochkarätige Besetzung der Solopartien durch Tenor Julian Prégardien
Mit dem Stück „I saw Eternity“ von Paul Mealor, einem walisischen Komponisten folgte mein zweites persönliches Highlight. Mit keltischen Klängen beginnend, begleitet von Stephan Kramer am Saxophon und Julian Prégardien / Tenor zog das Stück die Zuhörer in seinen Bann. Julian Prégardien, ehemaliger Cantabile Sänger und mittlerweile äußerst erfolgreicher Tenor, den ich unlängst in der Elbphilharmonie Hamburg erleben durfte, hat es sich nicht nehmen lassen, Teil dieses besonderen Abends zu sein und begeisterte ruhig und gefühlvoll mit einer stimmlichen Intensität, der sich niemand entziehen konnte. Wer bei einem solchen Beitrag keine Gänsehaut bekommt, der bekommt sie wohl nie.
Auf Hugo Wolfs „Ergebung“ folgten noch 2 moderne Arrangements, „U2“, Arr. Bob Chilcott „MLK“, ebenfalls solistisch von Julian Prégardien unterstützt und Arthur Sullivans von den King Singers arrangiertes Stück „The Long Day Closes“, das wohlig in Dur endend den Abschluss eines unvergesslichen Abends ankündigte.
Jürgen Faßbender verabschiedete sich anschließend auf der Bühne von jedem einzelnen Sänger, begleitet von Standing Ovations, denen als Zugaben noch Schuberts „Schöne Nacht“ und „I will praise thee o lord“ von Knut Nystedt folgten.
Emotionaler Ausklang in der St. Michael Kapelle und im „Runden Eck“
Nach dem Konzert gab’s einen Empfang für die Musiker und Ehrengäste in der St. Michael-Kapelle neben dem Dom, bevor der Abend in der Stammkneipe „Rundes Eck“ ihren Ausklang fand. Die Stimmung war emotional, es wurden gesungen, Resümee gezogen, in Erinnerungen geschwelgt. Viele der Sänger, die sich als „Brüder im Geiste“ bezeichnen, haben seit Ihrem 10.oder 11. Lebensjahr miteinander musiziert. Ob und wie sehr ihnen Cantabile fehlen wird, werden Sie nach einiger Zeit herausfinden, wenn die Whats-App-Gruppe schweigt und man sich nicht mehr im 14-tägigen Rhythmus in den Probensaal im Limburger Schloss begibt, um großartige Chormusik vorzubereiten.
Nicht wenige wünschten sich, die musikalischen Sterne von Cantabile würden noch lange nicht durch ihren Abschied verbleichen….
Danke Cantabile Limburg, danke Jürgen Faßbender!
Bettina Scholl von Chorkultours – Chorreisen
CHOR-Reisen mit der besonderen Note!
klimafreundlich & von der CHOR-Expertin
Abschied, Alwin Schronen, Cantabile Limburg, Julian Prégardien, Jürgen Faßbender, Konzert, Limburger Dom
0